Nie wieder Zinsen?

Nie wieder Zinsen?

 

Für junge Menschen sind Zinsen aufs Ersparte fast so schwer vorstellbar wie eine Welt ohne Internet. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern. Das bedeutet: Wer Geld spart, bekommt so gut wie keine Zinsen – die Inflation nagt am Ersparten. Wer sich umgekehrt Geld leiht, bekommt dies zu extrem günstigen Konditionen. Zinssparer sehen aber in Röhre.

1. Warum macht die EZB das?

Die EZB sorgt sich um die lahmende europäische Konjunktur. Im September senkte sie den Einlagensatz von minus 0,4 auf minus 0,5 Prozent . Das ist der Zins, zu dem Banken und Sparkassen kurzfristig Geld bei der EZBparken können. Über eine Senkung der Leitzinsen will die EZB den Preis für das Leihen von Geld reduzieren, mehr Geld in Umlauf bringen und dadurch günstige Kredite ermöglichen. Dies soll, so der Plan, Investitionen und Wachstum anregen.

Denn: Je höher der Strafzins für Banken, desto größer der Anreiz für Banken, ihr Geld in Form von Krediten den Unternehmen zu leihen. Die Notenbank will also den Anreiz für Geschäftskunden und Unternehmen erhöhen, ihr Kapital zu investieren: in Maschinen, Autos oder andere Dinge, die die Wirtschaft antreiben.

Eine weitere Sorge der EZB ist die Preisentwicklung. Laut Satzung hat die EZB die Aufgabe, die Preise stabil zu halten. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es für die EZB gemäß ihren eigenen Vorgaben knapp zwei Prozent Inflation. Aktuell liegt der Wert bei einem Prozent. „Die EZB geht nach der Devise vor: Lieber schnell und energisch handeln als irgendwann in der Deflation zu landen“, sagt Chef-Volkswirt Dr. Ulrich Kater: „Dabei wird mehr und mehr diskutiert wie groß diese Deflationsgefahren wirklich sind und wie stark die EZB mit ihren Instrumenten hier überhaupt noch eingreifen kann.“

Diagramm: FED senkt Zinsen erstmals seit 2008

2. Was ist der Leitzins und wofür ist er wichtig?

Zentralbanken nutzen Leitzinsen, um die wirtschaftliche Entwicklung zu beeinflussen. Sie legen damit die Zinssätze fest, zu denen sich Kreditinstitute bei ihnen Geld leihen oder es bei ihnen anlegen können. Unmittelbar gilt der Leitzins nur für Geschäfte zwischen der Zentralbank und den Kreditinstituten.

Indirekt steuert die Zentralbank mit den Leitzinsen aber mehr: Je höher die Leitzinsen, desto höher auch die Zinsen, die Kreditinstitute an ihre Kunden weitergeben. Umgekehrt: Je niedriger der Leitzins, desto weniger Zinsen bekommen Sparer und desto billiger werden Kredite.

3. Wer sind die Gewinner? Und wer verliert?

Gewinner der Negativzinsen ist in erster Linie der deutsche Staat. Er kann sich so günstig verschulden wie nie, bekommt sogar noch Geld fürs Schuldenmachen. Von den negativen Renditen des Bundes profitieren aber auch all jene, die sich Geld für einen Kredit leihen – Unternehmen ebenso wie Verbraucher.

Verlierer sind Deutschlands Zinssparer. Vor allem diejenigen, die sich Geld fürs Alter über festverzinsliche Anlagen auf die Seite legen wollen. Klassische Sparanlagen wie Tages- oder Festgeld sowie Anleihen bester Bonität bleiben wegen des Minuszinses auf absehbare Zeit unattraktiv.

Betroffen sind aber auch institutionelle Anleger, wie etwa Versicherungen oder Pensionsfonds. Auch ihnen wird es schwieriger gemacht, lukrative Anlagemöglichkeiten zu finden.

4. Was bedeutet das für Bundesanleihen?

Diagramm: Rendite 10-jähriger Bundesanleihen sinkt kontinuierlich

Die Rendite für Bundesanleihen befindet sich im freien Fall. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik sind Staatsanleihen mit einer Laufzeit von dreißig Jahren unter null Prozent Rendite gefallen. Anleger zahlen mittlerweile also drauf, um dem deutschen Staat Geld zu leihen.

Eine Zäsur am Finanzmarkt. Vor zehn Jahren hatten Bundesanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren noch mit über drei Prozent rentiert, zu Beginn des Jahrtausends lag ihre Rendite sogar bei rund fünf Prozent.

Umgekehrt steigen die Dividenden: Während die Anleiherenditen in den vergangenen zwanzig Jahren von fast sechs auf unter null Prozent abstürzten, legten die Dividendenrenditen im selben Zeitraum zu. Aktien haben somit für Anleger stark an relativer Attraktivität gewonnen. Bitte beachten Sie: Die Renditeentwicklung in der Vergangenheit ist kein verlässlicher Indikator für die künftige Rendite.

5. Wie sieht es mit der Inflation aus?

Ohne Inflation wird es keinen höheren Zins geben. Damit ist aber vorerst nicht zu rechnen. Für die Zukunft sieht das Deka-Szenario wie folgt aus: Geringes Wirtschaftswachstum gepaart mit moderater Inflation. Das bedeutet: dauerhafte Ebbe bei den Zinsen.

Unter diesen Umständen führen selbst eher niedrige Inflationsraten zu einer erschreckenden Entwertung der Ersparnisse (siehe Grafik). „Je stärker Nominalzins und Inflation sich spreizen, desto grausamer die Wirkung“, sagt Gabor Steingart, ehemaliger Chefredakteur und Herausgeber des „Handelsblatt“. Der Wirtschaftsjournalist spricht von „einer Verdampfung von Geldvermögen“.

Illustration: Entwicklung von Sparguthaben unter Berücksichtigung der Inflation

6. Ist der Kauf von Aktien die Lösung für Sparer?

Die Deutschen parken ihr Geld vorwiegend auf dem Tagesgeld- oder dem Girokonto. In Nullzins- oder gar Negativzinszeiten eine mutlose Strategie. Risikolose Anlagen bieten schlichtweg keine Aussicht auf positive Erträge mehr. Anleger müssen so auf Alternativen ausweichen. Aktienmärkte, ausgewählte Anleihen und auch ein klein wenig Gold sind da besonders interessant.

Vor allem Aktien bieten einen Ausweg aus der Ertragsmisere. Wer vor zehn Jahren sein Geld in Wertpapierfonds angelegt hat, kann sich heute über gute Ergebnisse freuen. Kursgewinne und Dividenden summieren sich in den meisten Fällen zu einem erfreulichen Gesamtergebnis. Und die ultralockere Geldpolitik wird sich weiter fortsetzen: Auch in Zukunft wird die EZB nach Einschätzung von Analysten alle Register ziehen, sollte sich die Konjunktur weiter abschwächen.

7. Warum sprechen manche von einer Japanisierung des Euroraums?

Japan ist das Land, das seit inzwischen zwei Jahrzehnten nur Leitzinsen nahe null Prozent kennt. Eine Japanisierung des Euroraums würde also bedeuten, dass wir nicht nur weitere Jahre mit Nullzinsen leben müssten, sondern Jahrzehnte. Einige Experten vermuten, dass sich die japanische Entwicklung in Europa wiederholen könnte. Die Folgen für alle Zinssparer wären verheerend.

8. Wie wirken sich negative Zinsen auf Banken und Sparkassen aus?

Kreditinstitute müssen für Geldeinlagen bei der Europäischen Zentralbank derzeit eine Gebühr von 0,5 Prozent pro Jahr zahlen. Das summiert sich: Im Jahr 2018 zahlten die deutschen Banken Negativzinsen an die EZB in Höhe von 2,4 Milliarden Euro.

Sollte der Einlagenzins der EZB bei 0,5 Prozent bleiben oder sogar noch weiter sinken, können das die Institute irgendwann nicht mehr abfangen. Sparkassen unternehmen seit Jahren große Anstrengungen, um ihre Kunden vor Verwahrentgelten – das heißt vor Negativzinsen auf ihre Einlagen – zu schützen. Je länger das derzeitige Minus-Zinsumfeld andauert, desto schwieriger wird es für die Institute gegen betriebswirtschaftliche Grundsätze zu handeln und Zinsen auf Sparguthaben und Kredite unabhängig vom Marktumfeld zu gestalten.

Die Sparkassen warnen davor, die langfristige negativen Effekte dieser Geldpolitik zu unterschätzen. Sie setzen sich mit Nachdruck dafür ein, dass die Leitzinsen langsam Schritt für Schritt wieder angehoben werden, damit sich das Sparen und die finanzielle Vorsorge wieder stärker lohnen.

9. Wie kann ich mein Guthaben vor Negativzinsen schützen?

Immer mehr Banken verlangen bei größeren Guthaben Strafzinsen. Laut dem Verbraucherportal „Biallo“ erheben derzeit 112 Geldhäuser in Deutschland von einem Teil ihrer Kunden Negativzinsen. 30 Institute forderten Geld für die Verwahrung von Einlagen in Höhe von mindestens 100.000 Euro, so eine Umfrage im Auftrag der Süddeutschen Zeitung. Als Antwort auf das Niedrigzinsumfeld haben die auch die ersten Sparkassen bereits Negativzinsen für besonders vermögende Privatkunden eingeführt. Sie tun dies, um die Breite der Sparer vor Verwahrentgelten zu schützen.

Ihr erster Schritt weg von Negativzinsen hin zu mehr Ertrag muss deshalb sein, den Großteil Ihres Ersparten von Tagesgeld- oder Girokonten umzubuchen. Auf diesen Konten sollte nur ein kleinerer Betrag liegen. Einen größeren Teil können Anleger zum Beispiel in zu Ihrer Risikoneigung passende Investmentfonds umschichten.

10. Welche Rendite-Möglichkeiten gibt es noch?

Weil so viele Menschen auf der Welt nach Anlagemöglichkeiten suchen, sind viele Staatsanleihen, Immobilien, ja auch Oldtimer, Kunstwerke und in was man sonst noch alles investieren kann vergleichsweise teuer. Von Aktien, vor allem von deutschen und europäischen, lässt sich das allerdings nicht sagen. Sie sind nicht zuletzt wegen der gegenwärtigen Konjunkturzweifel eher preiswert.

Die Wertpapier-Experten der Deka halten angesichts von Handelskonflikten oder Brexit kurzfristige Rückschläge bei den Börsenkursen für denkbar. Denn Unternehmen brauchen Planungssicherheit. Auf mittlere und lange Sicht sprechen laut Deka aber viele Argumente insbesondere für europäische Aktien: das faire Preisniveau, die attraktiven Dividenden, voraussichtlich leicht steigende Unternehmensgewinne im Jahr 2020 – und auch ein Stück weit die Geldpolitik.

Welchen anderen ausgesuchten Anlagen in Frage kommen und wie man die Rendite-„Oasen“ erreicht, lesen Sie hier.

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Quelle: Sparkasse.de

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